Lerntherapie in Schule, Ausbildung und Studium
Lernschwierigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen sowie Probleme in Bereichen wie Aufmerksamkeit und Konzentration beeinflussen den schulischen Lebensweg von Kindern und Jugendlichen maßgeblich und beeinträchtigen ihr Leben und ihre beruflichen Möglichkeiten nachhaltig.
Lerntherapie bewirkt positive Effekte in Grund- und weiterführenden Schulen, in Ausbildung und Studium.
Als Lerntherapeutin arbeite ich interdisziplinär und immer bezogen auf die Lebenswelt bzw. den Kontext, den das Kind oder der/die junge Erwachsene mitbringt.
Lerntherapeut*innen erkennen solche Schwierigkeiten und ihre vielschichtigen Ursachen und stellen zu begleitenden Symptomen wie Lernunlust und Schulangst einen Bezug her. Sie zeigen dem Kind Wege, seine Schwierigkeiten allmählich und selbständig zu überwinden.
Professionelle Hilfe bei Lernschwierigkeiten umfasst viele Komponenten, wie etwa
- die kompetente Beurteilung der Lernschwierigkeiten und ihrer Ursachen
- die Bestimmung und Dokumentation der Lernausgangslage und der Entwicklungsfortschritte
- das Ableiten von Folgerungen für eine gezielte Arbeit mit dem Kind in individuell zugeschnittenen Lernumgebungen und ausgehend von den Stärken des Kindes
- die Überwindung von Blockaden
Kinder profitieren unterschiedlich gut von schulischer Vermittlung und schulischer Förderung. Lerntherapeut*innen holen das Kind dort ab, wo es gerade in seiner Lese,- Schreib- und Rechenentwicklung steht. Jedes Kind bringt eine unterschiedliche Ausgangssituation mit. Der individuelle Lernstand des Kindes wird erhoben und daran wird systematisch aufbauend und strukturiert gearbeitet. Während der Förderung wird der Lernzuwachs regelmäßig überprüft und die Lerntherapie eventuell angepasst.
Durch ein gut durchdachtes und schlüssiges Konzept mit einer entsprechenden Qualifikation des Therapeut*in kann das Kind effektiv, konsequent und kompetent gefördert werden. Als Lerntherapeutin arbeite ich interdisziplinär und immer bezogen auf die Lebenswelt bzw. den Kontext, den das Kind mitbringt.
Oft bleiben Leseprobleme hartnäckig bis ins Erwachsenenalter bestehen. Deshalb sollte auch in Ausbildung und Studium weiter an den Lesekompetenzen gearbeitet werden. Flüssiges schnelles Lesen, rasches Auffassen der Textinhalte und zügiges Verknüpfen derselben macht den kompetenten Leser aus!
Präventionsprogramme
Lese-und Rechtschreibprobleme
Die IGLU-Studie 2016 belegt, nur ungefähr jedes zehnte Kind in Deutschland verfügt über fortgeschrittene Lesekompetenzen. Dagegen erreichen knapp 20% der Viertklässler kein ausreichendes Leistungsniveau im Lesen und liegen damit unter dem Mindeststandard. „Es ist davon auszugehen, dass diese Kinder mit erheblichen Schwierigkeiten beim Lernen in allen Fächern in der Sekundarstufe I konfrontiert sein werden1“. Nur ein Drittel der leseschwachen Kinder erhält eine zusätzliche schulische Förderung. ...
Wie kann diese Prognose verändert werden?
- Professionelle Trainings in Kita und Vorschule
- Beschäftigung mit Sprache im häuslichen Umfeld
Professionelle Trainings: Um sicher gut und schnell lesen und schreiben zu können müssen die Kinder Aufbau und Funktion unserer alphabetischen Schrift verstehen. In Studien wurde belegt, dass sich basale Fertigkeiten, die für das Erlernen von Lesen und Schreiben in der Schule notwendig sind, bereits vor dem Schuleintritt entwickeln. Diese sog. Vorläuferfähigkeiten sind für den anschließenden Erfolg in der Schule und den Schulabschluss von größter Bedeutung. Dazu gehören beispielsweise Gedächtnisfähigkeiten, visuelle Fähigkeiten, aber auch Feinmotorik (richtige Stifthaltung, leichtes und sicheres Schneiden mit der Schere). Die wichtigste Vorläuferfähigkeit ist die sog. phonologische Bewusstheit.
Unsere Schrift ist eine regelgeleitete Schrift. Die Rechtschreibregeln lernen die Kinder in der Schule. Das Grundprinzip unserer Sprache lernen sie jedoch schon viel früher. Bereits Neugeborene können die Sprachmelodie ihrer Muttersprache erkennen und bevorzugen diese. Die deutsche Sprache ist eine Silbensprache und jede Silbe hat ihre phonologische (lautlich-hörbare) Gestalt. Beim Schreiben muss das Kind das Gehörte in Schrift (=Buchstabenbilder/Zeichen) umformen. Damit dies gelingt, muss das Kind sich einerseits auf den Klang konzentrieren und andererseits die entsprechend passenden Buchstabenbilder zur Verfügung haben. Dies ist ein komplexer Vorgang, der das bisherige Beobachtungslernen des Kindes sozusagen „auf den Kopf“ stellt. Ein Beispiel: Eine Kuh ist ein sehr großes Tier, das passende Wort dazu ist aber sehr kurz. Ein Schmetterling ist ein sehr kleines Tier, das Wort dazu ist aber sehr lang. Oder: Wenn das Kind „groß“ mit den Händen anzeigen möchte, breitet es die Arme weit auseinander. Diese bisher gültigen Grundsätze muss es lernen zu verlassen und ein neues Prinzip (Lautprinzip) zu implementieren. Dies ist eine hohe metakognitive Fertigkeit.
Den meisten Kindern gelingt dieses Switchen auch zufriedenstellend. Manche Kinder benötigen jedoch mehr Zeit und Übungen, als andere Kinder (z.B. bei geringerer Aufmerksamkeitsspanne, Handlungsplanung, usw.). Wird darauf zu wenig reagiert, starten die Gleichaltrigen mit einem Vorsprung im Übergang zur Schule.
Gleichzeitig muss das Kind die lautliche Gestalt von Wörtern und die lautliche Regelmäßigkeit der Sprache erfassen (z.B. wenn ich ein „a“ höre schreibe ich auch ein „a“). Die deutsche Sprache ist eine lautgetreue Sprache. Das bedeutet, spreche ich deutlich und genau, verschrifte ich die meisten Stellen im Wort korrekt. Das ist ein sehr großer Vorteil gegenüber nicht-lautgetreuen Sprachen, wie z.B. dem Englischen und Französischen.
Den meisten Kindern gelingt auch dies zufriedenstellend. Manche Kinder haben jedoch Probleme bei der Einsicht/Wahrnehmung in den lautlichen Aufbau von Wörtern und deren Analyse, Aufbereitung und Abspeicherung. Diese Kinder entwickeln langsamer und nur mit mehr Übungen und mehr Zeitaufwand die sog. „phonologische Bewusstheit“. Wird hierauf zu wenig reagiert, starten Gleichaltrige mit einem Vorsprung. Werden diese Rückstände nicht geschlossen, kann sich daraus eine Lese-und Rechtschreibschwäche/Legasthenie entwickeln.
Mit einem frühen Training kann die phonologische Bewusstheit und die Buchstaben-Laut-Kenntnis gefördert und Lese- und Rechtschreibproblemen vorgebeugt werden. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Trainingsprogramme. Zum Würzburger Trainingsprogramm „Hören, lauschen, lernen“ liegen empirische Forschungsergebnisse vor. Gerade bei Kindern, in deren Familien bereits Legasthenie aufgetreten ist, zeigen sich nachhaltige Erfolge nach dem Training (https://www.uni-saarland.de/fileadmin/upload/fakultaet-p/gutenberg/Projekte/Zwischenbericht_HLL.pdf). Diese Trainings werden von speziell geschulten Sprachtherapeuten durchgeführt.
Was können Sie als Eltern und zu Hause tun?
- Gehen Sie als gutes Sprachmodell vorweg
- Sprechen sie deutlich mit Ihrem Kind
- Beschreiben Sie möglichst genau, was Sie gerade tun, nenne Sie das passende Tätigkeitswort (bei älteren Kindern können Sie auch Synonyme benutzen)
- Erklären Sie, welche Folgen die Tätigkeit hat
- Wen treffen die Folgen?
- Benennen Sie Dinge in Ihrer Umgebung. Das Kind soll möglichst viele konkrete Nomen (Tisch, Baum, Auto, usw.) abspeichern
- Verwenden Sie möglichst viele Verhältniswörter (unter, auf, hinter, vor, usw.)
- Fragen Sie Ihr Kind (Was ist das? Was macht es? Wo ist es? usw.)
- Lesen Sie Ihrem Kind regelmäßig vor
- Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das, was Sie vorgelesen haben
- Fragen Sie Ihr Kind (Was ist passiert? Wer hat was gemacht? usw.)
Es gibt noch viele weitere Unterstützungsmöglichkeiten für Ihr Kind. Wenn Sie weitere Informationen wünschen, fragen Sie einfach nach.
Rechenprobleme
Wussten Sie, dass Mathematik uns im Alltag ständig umgibt (z.B. Orientierung, Verpacken, usw.)? Dass Mathematik viel mehr ist als nur Rechnen (z.B. Schätzen, Routen berechnen, usw.)? Dass in über 80% der Studienfächer von den Studierenden mehr als grundlegende Mathematik erwartet wird? Dass in allen handwerklichen Berufe mathematische Kompetenzen benötigt werden? ...
Weil mathematische Fähigkeiten und Fertigkeiten umfassend sind, müssen diese auch umfassend gefördert werden. Zur Vermeidung von Rechenschwierigkeiten hilft:
- Ein sicheres Zahlen- und Mengenverständnis
- Training des räumlichen Vorstellungsvermögens, räumliches Sehen und Denken (3D)
- Schnelles und sicheres Erfassen von Strukturen (2D)
- geübte Auge-Hand-Koordination (z.B. Würfel genau aufeinander bauen) und Feinmotorik
- Erkennen von Raum-Lage-Beziehungen (auf, unter, hinter, usw.)
- Gezieltes Erkennen von mathematischen und anderen Mustern (z.B. Zahlensymbole, aber auch Buchstabensymbole, mehrere Buchstabensymbole = Silben, usw.)
- Sprachliche Kompetenz entwickeln (unter Verwendung von Fachbegriffen erklärt das Kind, was, wie, wieso und mit welcher Konsequenz es gerade etwas tut)
- Einen Vorgang planen (gedankliche Vorwegnahme), ausführen (Realisierung der gedanklichen Vorwegnahme) und selbständig kontrollieren (Eigenkontrolle) können
- Einen Vorgang verbal beschreiben und begründen können, sowie eigene Schlussfolgerungen ziehen können und andere Schlussfolgerungen beurteilen können
Wussten Sie, dass bereits Babys über eine mathematische Intuition verfügen? Bereits Neugeborene erkennen den Unterschied zwischen einer größeren schwarzen Fläche und zwei kleineren schwarzen Flächen und bevorzugen diese. Damit Kinder sicher Zahlensymbole (es gibt ja verschiedene, z.B. arabische, römische, usw.) erkennen können, müssen sie zunächst im Zahlensystem auskennen und dann das Zahlenzeichen einer bestimmten Menge zuordnen können. In der Regel sind Kinder in 10-er-Zahlensystem sicher. Sie haben ihre Finger, um sich zu orientieren. Mit der Menge sieht es anders aus. Jeder Mensch hat zu dem Zahlensymbol eine andere Menge an etwas in seinem mentalen Speicher abgespeichert. Das bedeutet wiederum, dass zunächst die Menge dem Kind bewusst werden muss. Das Kind muss lernen, Abstand von seiner bisherigen konkreten Vorstellung zu nehmen und eine neue Regelhaftigkeit zu implementieren. Zum Beispiel: Eine Kuh ist ein großes (schweres) Tier, also ist/hat sie auch eine große Menge. Ein Schmetterling ist ein kleines zierliches Ding, also stellt er eine geringere/kleinere Menge dar. Im nächsten Schritt muss das Kind also lernen, echten Gegenständen ein bestimmtes (Zahlen)Symbol als „Mengenwert „zuzuordnen.
Dieser Mengenwert gilt unabhängig von der Größe des Gegenstandes. Denn auch für den kleinen Schmetterling gilt das gleiche. Dies ist eine Regelhaftigkeit.
Des Weiteren muss das Kind mit der korrekten „Nachbarschaftsabfolge“ der Zahlen vertraut sein: nach 1 kommt 2, dann 3 usw. Der Wert rechts von einer Zahl ist immer größer. Dies ist eine weitere Regelhaftigkeit. Daraus bilden wir die Struktur der natürlichen Zahlen. Dem Zahlenbildsymbol muss das Kind sicher eine konkrete Menge (Kühe, Schmetterlinge, Mehl, Zucker, usw.) zuordnen können. Dies ist eine hohe metakognitive Fertigkeit. Den meisten Kindern gelingt das problemlos. Manche Kinder benötigen dafür jedoch mehr Übungen und mehr Zeit, als andere Kinder. Sie brauchen etwas länger, um sich ein mentales Bild von dem Zahlensymbol zu machen und/oder um den Vorgang dann abzuspeichern. Wird darauf zu wenig reagiert, starten die Gleichaltrigen mit einem Vorsprung im Übergang zur Schule. Werden diese Rückstände nicht aufgearbeitet, droht eine Rechenschwäche/Dyskulie. Oft können diese Kinder zwar „rechnen“ und lösen seitenweise Rechenpäckchen, aber sie kommen mit Plus und Minus, Mal- und Geteilt-Aufgaben durcheinander. Eine Menge zu schätzen, fällt ihnen schwer und sie verstehen die Anweisungen in den Textaufgaben nicht. Oft fällt ihnen der 10-er Übergang schwer und sie verdrehen die Schreibweise von Zehner und Einer (schreiben die Zahl so, wie sie sie hören).
Dem kann vorgebeugt werden, z.B. durch das wissenschaftlich abgesicherte Förderprogramm MZZ – Mengen, Zählen, Zahlen aus dem Cornelson Verlag.
Arithmetische Kompetenzen können positiv durch Training des räumlichen Vorstellungsvermögens gefördert werden. Gerade wenn Kinder Probleme mit Rechenoperationen haben, hilft es diese zu visualisieren, indem das Kind mit seinen Händen etwas tut (vorweggenomme gedankliche Prozesse werden durch Handlung erklärt und kontrolliert, eventuell verworfen, weil noch nicht korrekt). Dazu eignen sich hervorragend Würfelbauwerke. Kinder lieben es mit Würfeln zu bauen. Im Training lernt das Kind von einer 2D-Vorlage ein reales 3D-Würfelkonstrukt herstellen und darüber zu sprechen.
So entwickeln sich langsam und systematisch arithmetische Kompetenzen. Diese befähigen das Kind sich Rechenaufgaben (2D) als 3D-Modell vorzustellen oder nachzubauen. Durch Üben und Automatisieren entfällt irgendwann das Nachbauen. Erst wenn das Kind ausreichend gehandelt und Erkenntnisse daraus gewonnen hat, kann das Kind sein Handeln durch seine Vorstellung ersetzen (Piaget). Auch bei den späteren Textaufgaben (2D) ist diese Strategie erneut hilfreich, weil sich das Kind von der Aufgabe ein Modell vorstellen kann. Würfelbauwerksarbeit ist ebenfalls wissenschaftlich erforscht 1 .
Was können Sie als Eltern und zu Hause tun?
- Gehen Sie als gutes Rechenmodell vorweg
- Sprechen Sie mit Ihrem Kind über alltägliche Mathematik
- Beschreiben Sie möglichst genau, was Sie tun, wenn sie im Alltag wiegen, schätzen, rechnen. Nennen Sie die passenden Tätigkeitswörter (hinzufügen, wegnehmen, aufteilen, usw.). Bei älteren Kindern können Sie auch die mathematischen Fachbegriffe verwenden
- Erklären Sie, welche Folgen die Tätigkeit hat
- Lassen Sie ihr Kind selbst im Alltag wiegen, schätzen, rechnen, eine Route erklären, usw.
- Verwenden Sie möglichst viele Verhältniswörter (unter, auf, hinter, vor, usw.)
- Lesen Sie Ihrem Kind regelmäßig vor und zeigen sie, wo Mathematik „drin“ ist
- Fragen Sie Ihr Kind, wo sich im Text eine Rechenaufgabe befindet
- Formulieren Sie immer wieder Rechenoptionen („Ich habe zwei und nehme drei dazu. Dann habe ich fünf.“
Es gibt noch viele weitere Unterstützungsmöglichkeiten für Ihr Kind. Wenn Sie weitere Informationen wünschen, fragen Sie einfach nach.
Legasthenie
Ein sprachsystematisches Förderkonzept für Lesen und Schreiben
Wir leben in einer modernen Mediengesellschaft - Lesen und Schreiben sind dafür zentrale Basiskompetenzen. Besonders im Kontext digitaler Angebote ist rasches Lesen und Verstehen von Texten eine Grundfertigkeit. Da sich Lesen und Schreiben gegenseitig positiv – wie auch negativ – beeinflussen, ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen einen möglichst individuellen Zugang zum Erlernen des Lesens und Schreibens zu ermöglichen.
Manchmal reicht schulischer Unterricht dazu leider nicht aus. Obwohl die Kinder mit einer guten Begabung ausgestattet sind, tun sie ich im Lesen und Schreiben lernen schwerer - dann ist adäquate Hilfe unerlässlich.
Schulische Förderung – vor allem im Gruppensetting – hat bisher kaum ihre Effizienz belegen können. Im Gegenteil: Das Kind bemüht sich, übt, liest und schreibt jeden Tag mehr als seine Klassenkameraden, verzichtet auf Spiel,- Sport- und Freizeit… Und trotzdem: Erfolge wollen sich einfach nicht einstellen! Trotz des vielen Übens schreibt das Kind Wörter nach wie vor falsch oder verliest sich immerzu oder kann sich auch nicht so verbal ausdrücken, dass der andere leicht versteht, was es meint, manchmal fallen Wörter nicht ein… Die Liste lässt sich noch sehr lange fortsetzen. ...
Was passiert dann? Das Kind kann die Motivation am Lernen verlieren, eine Lernunlust entwickeln und/oder nicht mehr in die Schule gehen wollen. Manchmal halten die Kinder den innerlichen Druck nicht mehr stand und werden ganz „zappelig“. Oft werden die Schwierigkeiten im Lesen- und Schreibenlernen von zu wenig oder zu viel Aufmerksamkeit begleitet. Sobald das Kind gut ins Lesen und Schreiben kommt, können sich diese Begleiterscheinungen auch wieder legen.
Wichtig ist, die Kinder effektiv, konsequent und kompetent in ihrer Lese,- und Rechtschreibentwicklung zu unterstützen. In den letzten Jahren sind etliche Fördermöglichkeiten auf den Markt gekommen. Einige mit präventivem Charakter, andere im Rahmen von pädagogischen oder psychologischen Interventionen. Nur die wenigsten sind bisher qualitätssichernd empirisch evaluiert.
Das sprachsystematische Förderkonzept nach Reuter-Liehr wurde hinreichend evaluiert. Es konnten deutliche Kurz- und Langzeiteffekte auf den Transfer in Schule und Alltag – auch nach dem die Förderung beendet wurde – bewiesen werden.
Die wichtigste Grundlage einer effektiven Förderung ist ein gut durchdachtes und in sich schlüssiges Förderkonzept mit einer entsprechenden Qualifikation des Therapeuten*in. In der therapeutischen Situation ist darauf zu achten, dass konsequent und kompetent am individuellen Lernstand des Kindes gearbeitet wird. Dazu ist eine aktuelle Lernstanderhebung vor Beginn der Förderung notwendig. Während der Förderung wird der Lernzuwachs regelmäßig überprüft. Auf die individuellen Lernmöglichkeiten des Kindes und auf die Fähigkeiten, die es mitbringt, ist die Therapie abzustellen.
So wird das Kind leicht und motiviert schreiben und lesen lernen. Bringt das Kind weitere Begleitsymptome, z.B. Selbstwertprobleme („Ich bin doof!“, „Ich kapier´ das nie!“) oder Probleme in der Planung, Ausführung und Eigenkontrolle von Arbeitsaufträgen (Exekutive Funktionen) mit, werden diese in der Lerntherapie ebenfalls behandelt. Manchmal führt das viele Lernen mit dem betroffenen Kind zu einem familiären Ungleichgewicht („Du kümmerst dich immer nur um….!“). Dies würde ebenfalls in der Arbeit mit dem Kind thematisiert. Die Stunde, die ich mit Ihrem Kind arbeite, können Sie für das Geschwisterkind oder für sich selbst nutzen!
Dyskalkulie
Sicheres Zahlen- und Mengenverständnis - sicher in Grundrechenoptionen
Jedes Kind kommt mit einem bestimmten Zahlen- und Mengenverständnis in die Schule. Bereits Babys können „größer“ und „kleiner“ unterscheiden (angeborene arithmetische Intuition), Kindergartenkinder „zählen“ mit ihren Fingern schon bis 10 und können Zahlen bis 20 aufsagen und Kinder im Übertritt Kindergarten-Schule geben „Rechnen“ als ihre Lieblingsschulfach an…
Einige Grundschulkinder (ca. 4-7%) zeigen jedoch, trotz normaler oder teilweise überdurchschnittlicher Begabung und didaktisch gut aufbereiteten Anfangsunterricht, massive Probleme beim Erwerb basis-numerischer Kompetenzen. Kinder lernen durch Beobachtung, Handeln und Nachahmung Mengen zu erfassen und korrekt zu benennen (1 Finger = 1, usw.). Die Zählprinzipien werden nach und nach verinnerlicht und die Kinder lernen die korrekte, Abfolge der Zahlen (nach 1 kommt 2, dann 3, usw.)
Manche Kinder tun sich schwerer als andere, solche arithmetische Gesetzmäßigkeiten zu verinnerlichen. Folge ist, dass sie Aufgaben langsamer und weniger effektiv lösen, wie ihre Klassenkameraden. Wenn dies länger anhält, kann eine Rechenschwäche oder Dyskalkulie vorliegen. ...
Kinder mit einer Dyskalkulie bzw. Rechenschwäche sind nicht sichtbar anders. Sie sind aber häufig an numerischen Informationen nicht oder nur wenig interessiert, spielen ungern würfelbasierte Brettspiele oder befassen sich selten mit Besonderheiten einer Menge. Dieses numerische Wissen hinkt im Vergleich zu Gleichaltrigen bei der Einschulung bereits weit hinter her. Auf diese Vorläuferfertigkeiten baut jedoch dann die gesamte Rechentechnik in der Schule auf. Wenn das Kind also noch nicht wirklich verstanden hat, dass die Menge 5 genau 5 Elemente erfasst, kann es nur schwer nachvollziehen, dass die Menge 5 aus verschiedenen Teilmengen zusammengesetzt werden kann. Die Schwierigkeiten wachsen stetig an, werden jedoch nicht unmittelbar sichtbar, da die Kinder die Probleme aufgrund ihrer Intelligenz noch eine gewisse Zeit ausgleichen können. Allerdings nur solange, bis eine Kompensation nicht mehr möglich ist und das Kartenhäuschen zusammenbricht. Dann wird eine spezifische Dyskalkulie-Therapie notwendig1.
Systemische Arbeit
Menschen sind soziale Wesen, die in ständigen Wechselbeziehungen zu ihrer Umwelt stehen. Aus systemischer Perspektive entstehen dadurch dynamische Wechselwirkungen, die sich gegenseitig – positiv, wie negativ – beeinflussen. Alles das, was wir tun, nicht tun, sagen und nicht sagen hinterlässt eine Wirkung in unserem System.
Menschen sind in unterschiedlichen Systemen unterwegs. Der Schüler*in im System Schule, Familie, Peergroup. Die Eltern im System Beruf, Elternschaft, Freundeskreis, usw. Alles wirkt aufeinander und miteinander. Hat der Schüler*in im Kontext Schule ein Problem mit einem Lehrer*in, wird dies Einfluss auf seine Freunde, Familie und ihn/sie selbst haben.
Systeme wirken auf horizontalen und vertikalen Ebenen. Das bedeutet, handeln wir heute, steht dieses Handeln in Wechselbeziehung zu den Kontexten, in denen wir uns gerade bewegen, aber auch in Wechselbeziehung zu unserem eigenen geschichtlichen Herkunftskontext.
Systemisches Arbeiten bedeutet, diese vielfältigen und vielschichtigen Zusammenhänge und Wechselwirkungen aufzuspüren und ins Zentrum zu rücken. Unpassendes Verhalten wird als Störung dieser ständigen Anpassungsarbeit der verschiedenen Wechselwirkungen in den verschiedenen Kontexten angesehen. ...
Individuelle Symptome werden als Ergebnis von Beziehungsmustern im Kontext wichtiger Bezugspersonen
gesehen, die diese
Symptome erzeugen oder aufrechterhalten können.
Beispiel: Eine Lehrerin „stempelt“ einen Schüler als „schwer erziehbar“ ein, weil der Schüler durch
verminderte exekutive
Funktionen (die in diesem Falle mit einer Legasthenie einhergehen), die Arbeitsaufträge der Lehrerin nur
sehr langsam versteht
und sehr langsam abarbeitet. Der Lehrerin interpretiert dieses Verhalten aus ihrem eigenen Kontext
(vertikal-Herkunft plus
horizontal-Beruf, Partnerschaft/Ehe, eigene Kinder usw.). Für die Eltern ist dies nicht nachvollziehbar,
ihnen ist es wichtig
lieber langsam und richtig, statt schnell und ungenau und fehlerhaft zu arbeiten. Der Schüler hat Angst,
bei der Lehrerin
nachzufragen („Dann steh` ich vor den anderen doof da!“). Er möchte gerne so sein, wie seine
Klassenkameraden, die verstehen
alles schnell und sind auch schnell mit den Arbeitsaufträgen fertig.
Systemiker rücken die Symptome in den Mittelpunkt und bilden Hypothesen, die dann als Gesprächs- und Lösungsgrundlage dienen können. In dem genannten Beispiel könnten folgende Hypothesen gebildet werden:
- Schüler - Angst und Sorge, nicht so (gut) zu sein, wie die anderen, Hilfe zu benötigen, nicht klar zu kommen
- Eltern - Angst, Fehler zu machen und dafür Verantwortung zu übernehmen, lieber langsam arbeiten und Fehler aus dem Weg gehen
- Lehrerin – Schüler*innen, die in ihrem Unterricht nicht mitkommen gibt es nicht, denn dann wäre es ja ein schlechter Unterricht, Schüler*innen, die nicht gleich mitkommen, haben an der Schule nichts verloren, mit legasthenen Schülern möchte sie nichts zu tun haben, sind Behinderte
Grundlagen für die systemische Praxis ist Kooperation, Offenheit, Unvoreingenommenheit, Respekt und Wertschätzung für die bisherigen Handlungs- und Lebensstrategien.
Bettina Thobor-Fehl
Lerntherapie
Über mich - Wie kam ich zur Lerntherapie?
Eine Kollegin erzählte mir einmal ihre Geschichte: Als bei ihrem ersten Kind endlich in der dritten Klasse Legasthenie festgestellt wurde, war sie einerseits sehr erleichtert und andererseits sehr besorgt. Schon zu Beginn der ersten Klasse hatte sie bei ihrem Kind Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben festgestellt. Die Grundschullehrer*innen versuchten sie zu beruhigen, jedes Kind entwickele sich anders. Sie selbst las sehr gerne, Schreiben machte ihr auch nie Probleme. Allerdings hatte sie schon von jungen Menschen gehört, die viel mehr Rechtschreibfehler machten als andere und auch viel mehr Zeit zum Lesen eines Textes benötigten als andere. Aber ihr Kind hatte alle wichtigen Entwicklungsschritte ohne Probleme gemeistert: Krabbeln, Laufen, Sprechen - alles altersentsprechend.
Nach einer langen Suche nach einem auf Legasthenie spezialisierten Kinder- und Jugendpsycholog*in wurde in einer umfangreichen Testung die ICD-Diagnose F81 Umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten iVm F81.0 Lese- und Rechtschreibstörung gestellt. Die Suche nach dieser Fachstelle war sehr langwierig und ermüdend gewesen – für die gesamte Familie. Mit dem Diagnosebericht konnten die Eltern nun Nachteilsausgleich und Notenschutz in der Grundschule beantragen. Dieser wurde auch gewährt und eine schulische Förderung eingeleitet. Die schulische Förderung bestand in einer Gruppenförderung, die sich leider nicht am Kind und seinem aktuellen Leistungsstand orientierte (es wurden Arbeitsblätter verteilt). Trotz vielen Übens (auch zu Hause) verbesserten sich die Leistungen des Kindes nicht. Dagegen nahm die Lust am Lernen ab, irgendwann wollte das Kind nicht mehr in die Schule gehen. ...
Die Kollegin nahm Kontakt zu einer lerntherapeutischen Praxis auf. Das Kind wurde dort fünf Jahre gefördert, machte sein Abitur und studierte. Auch in den letzten Prüfungen wurde Nachteilsausgleich in Form von mehr Zeit beantragt und genehmigt. Die Zeitzugabe war für den -mittlerweile- erwachsenen Studenten weiterhin essentiell zum Bestehen des Studiums.
Liebe Eltern,
das Schicksal der Kollegin, die ich auf einer Fortbildung kennenlernen durfte, hat mich sehr bewegt. Es
ist ein gutes Beispiel,
wie Kinder mit Legasthenie einen guten Schulabschluss und erfolgreich ein Studium schaffen können, zu dem
sie auf Grund ihrer
Begabung absolut in der Lage sind. Leider sind dies eher seltene Fälle. Wissenschaftliche Untersuchungen
belegen, dass Kinder
mit Legasthenie und/oder Dyskalkulie nicht so hohe Schulabschlüsse erreichen. Kinder mit permanent über
Jahre hinweg andauernden
roblemen im Lesen und Schreiben (und/oder Rechnen) benötigen daher professionelle Hilfe. Diese Hilfe
können Lerntherapeut*innen
leisten. Leider ist die Berufsbezeichnung nicht geschützt (im Übrigen: die Berufsbezeichnung des Lehrers
ist es auch nicht),
so dass es wichtig ist, genau hinzuschauen, wie der Lerntherapeut*in arbeitet, welche Grundausbildung
vorliegt und welche
Weiterbildungen wo besucht wurden. Einen guten Überblick über die Zertifizierungen bietet Ihnen der
Bundesverband für Legasthenie
und Dyskalkulie (https://www.bvl-legasthenie.de/legasthenie/therapieansaetze.html).
Mir ist es wichtig, die genannten Kriterien zu erfüllen und Ihrem Kind Strategien zu zeigen, wie es besser in der Schule mitkommt und einen guten Schulabschluss erreicht. Daher nehme ich regelmäßig an Gruppen- und Einzelsupervision, kollegialer Fallberatung teil und hospitiere in anderen lerntherapeutischen Praxen. Ich bin zertifizierte Förderlehrkraft nach Reuter-Liehr und studiere seit 10.202 berufsbegleitend Integrative Lerntherapie an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Seit 2019 bin ich systemische Beraterin in Sozialer Arbeit. Ursprünglich komme ich aus der betrieblichen Pädagogik. Ich war lange Jahre in der Aus- und Weiterbildung tätig, bin zertifizierte Ausbilderin und IHK-geprüfte Fachwirtin. Daher darf ich mich Bachelor Professionell nennen. Ich bin Kinder-Jugend-und Familienberaterin (Paracelsus), AD(H)S-Trainerin nach Krowatschek und No-Blame-Approach (ein Anti-Mobbing-Programm)-Trainerin.
Ich bin Mutter von fünf Kindern und lebe mit meinem Mann und Kindern zusammen in Bad Vilbel. Unser neuestes Familienmitglied ist unser Appenzellerhündin Nelly.
Kontakt & Impressum
Bettina Thobor-Fehl
Praxis für integrierte Lerntherapie
Prävention - Legasthenie - Dyskalkulie - Systemische Arbeit
Sprechzeiten: Mo - Fr von 10.30 - 12.30 Uhr
Mobil: +49 177 232 4081
Lortzingring 32
61118 Bad Vilbel
E-Mail: bettina at fehl.de